Begegnung in Zürich. Seit 1980

Das Zürcher Theater Spektakel ist ein Ort der Begegnung mit internationaler Kunst. Seit 1980 bringt es Künstler*innen mit unterschiedlichen Erfahrungen, Hintergründen und Perspektiven nach Zürich. Diese Weltoffenheit ist eine der zentralen Chancen, die dieses Festival für die Stadt und die Schweiz bedeutet.

Als internationales Festival in der Schweiz ist es unsere Aufgabe, den Raum internationaler Begegnung offen zu halten, der das Zürcher Theater Spektakel immer war. Dazu gehören transkultureller Austausch und Verständigung. Das ist eine Chance und eine Herausforderung für alle Beteiligten. Es erfordert von allen anzuerkennen, dass wir mit sehr unterschiedlichen Möglichkeiten, Erfahrungen und Perspektiven auf die Welt blicken. Es braucht dabei die Bereitschaft, verschiedene Standpunkte und Erfahrungswelten wahrnehmen zu wollen, und auch den Mut, Positionen auszuhalten, die wir selbst nicht vertreten – immer vorausgesetzt, dass sich diese Positionen im Rahmen der Grundwerte der offenen Gesellschaft und unseres Rechts bewegen. 

Bereits die Festivalausgabe 2024 fand in einem politisch aufgeladenen, spannungsreichen Klima statt und hat uns dazu veranlasst, noch einmal zu formulieren, wofür das Zürcher Theater Spektakel als Bühne für zeitgenössisches Kunstschaffen und mit seinen Formaten für Gespräch, Austausch und Diskurs einsteht. 

Als Kulturinstitution, die eng mit Künstler*innen in der ganzen Welt verbunden ist und die sich eine kritisch-aufgeklärte Auseinandersetzung mit den drängenden Fragen unserer Gegenwart mit den Mitteln unseres künstlerischen Programms zum Ziel setzt, macht es uns betroffen, dass die Vehemenz, mit der Kriege geführt werden, nur noch weiter zugenommen hat. Politische oder zivilgesellschaftliche Stimmen, die für eine echte Friedensperspektive eintreten, dringen kaum mehr durch oder sind gar komplett verstummt angesichts von verbaler und finanzieller Aufrüstung und mitunter menschenverachtenden «Lösungsvorschlägen». Darüber hinaus erleben wir, wie Solidaritätsbekundungen als einseitige Stellungnahmen ausgelegt werden, Anteilnahme als Diskriminierung interpretiert wird und diese Vorwürfe gezielt benutzt werden, um zivilgesellschaftliche und künstlerische Akteur*innen zu diskreditieren. Das ist Teil des Erstarkens autoritärer Tendenzen, infolgedessen sich Regierungen an vielen Orten der Welt weniger an Gesetze und an das Völkerrecht gebunden fühlen. 

Und während all dem sterben weiterhin Menschen. In den gegenwärtigen Konfliktregionen scheint der Schutz von Zivilist*innen immer weniger zu gelten. Zivile Opfer werden nicht vermieden, sondern sind Teil einer Strategie. Menschen sterben in Gaza an Hunger und mangelnder medizinischer Versorgung, sie sterben auch noch immer in Geiselhaft, sie sterben unter dem Beschuss von Raketen und Drohnen. Opfer von Krieg und Gewalt, sowie die Empathie für diese Opfer, dürfen niemals instrumentalisiert werden. Das gilt für den Nahen Osten, das gilt für die Ukraine und das gilt für all die weiteren Regionen, die hierzulande gerade deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit bekommen, wie beispielsweise Afghanistan, Haiti, Kongo, Myanmar, Sudan oder die Westsahara.

Als öffentliche Institution sind wir Teil einer Öffentlichkeit, die vor diesen Herausforderungen steht und dabei mitunter auch Fehler macht. Wir sehen es als unseren Daseinszweck, Begegnung herzustellen und darüber zum Dialog anzuregen. Damit geht aber auch die Verantwortung einher, Grenzen zu definieren, jenseits derer der respektvolle Diskurs verletzt oder untergraben wird. Hass, Hetze, Rassismus, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und Diskriminierungen jeglicher Art haben am Zürcher Theater Spektakel keinen Platz. 

Hingegen erachten wir es als notwendig und geradezu essenziell angesichts der Komplexität der Konflikte, dass wir als Kulturinstitution wie auch als Gesellschaft Widersprüche und Ambiguitäten aushalten, die Meinungs- und Kunstfreiheit hochhalten und das gemeinsame Gespräch nicht abreissen lassen. Es bildet die Grundlage für internationale Begegnungen bei diesem Festival.

Zürich, Juli 2025, die Festivalleitung