Ali Chahrour

Kann man an gebroche­nem Herzen sterben? Diese Frage stellt Ali Chahrour in «The Love Behind My Eyes», dem Abschluss seiner Trilogie über Liebe, die er 2021 trotz Pandemie und weiterer Krisen in Beirut voll­endete. Der libanesische Choreograf, der 2019 mit «Layl (Nacht)» den Auftakt besagter Trilogie auf der Seebühne aufführte, erzählt in diesem ergrei­fenden Tanzstück die tragische Geschichte eines verbotenen Verhältnisses zweier Männer: Moha­med Ben Daoud, ein Theologe, der islamisches Recht und arabische Sprache lehrte, verliebte sich in Mohamed Ben Jamea, einen Jüngling aus Isfa­han. Die Liebe Daouds blieb jedoch unerfüllt. Schliesslich, so heisst es, starb der Gelehrte an Liebeskummer.

«The Love Behind My Eyes» ist inspiriert von Liebesgeschichten aus der arabischen Welt und von Ghasal, einer arabisch-­persischen Art von Lyrik aus vorislamischer Zeit. Viele alte Geschich­ten bleiben unerzählt, wie jene von Ben Daoud und seinem Geliebten, die in schwierigen sozialen und religiösen Kontexten lebten. Umhüllt von der Stim­me einer Trauernden huldigt die intime Choreo­grafie der verbotenen Liebe. Der Tanz verkörpert Sinnlichkeit und Liebeskunst, er zeigt aber auch die Verletzlichkeit der Protagonist*innen, ihren Schmerz und ihren stillen Protest gegen die Un­terdrückung von als illegitim gewerteten (Liebes­-)Geschichten. (pg)