Mapa Teatro – Laboratorio de Artistas

In einem unscheinbaren Haus in Bogotá befindet sich einer der wichtigsten Orte für die Kunst Lateinamerikas: Mapa Teatro produziert hier im «Laboratorio de artistas» seit Mitte der Achtzigerjahre interdisziplinär Projekte, Filme, Theaterstücke, Installationen und Interventionen. So tauchen die Arbeiten von Mapa Teatro in unterschiedlichen Kontexten auf – 2005 und 2010 etwa auf den Bühnen des Zürcher Theater Spektakels oder 2018 im Keller des Museo Reina Sofía in Madrid. Das spanische Nationalmuseum ist in einem Gebäude untergebracht, das zu Kolonialzeiten ein Krankenhaus war. Damals wurden in dessen Untergeschoss Patient*innen verwahrt, die mit «Tropenkoller» in die Heimat zurückgekehrt waren. Mapa Teatro hat dort als Installation ein Bergwerk eingerichtet, um gleichermassen die koloniale Geschichte des Gebäudes wie jene des Goldes auszugraben. Das Edelmetall prägte die Entwicklung Spaniens und verbindet die ehemalige Kolonialmacht mit Kolumbien, wo Gold heute noch auf illegale und umweltschädliche Weise abgebaut wird. «Etnoficción» nennt Mapa Teatro ihre Arbeitstechnik, die zwischen Dokumentation der Realität und poetischer Fiktion oszilliert.

Rolf und Heidi Abderhalden haben das «Laboratorio de artistas» 1984 gegründet und sich seitdem konsequent dem kolonialen Erbe und der brutalen Gegenwart Kolumbiens angenähert – mal anhand literarischer Vorlagen, mal anhand von dokumentarischem Material, mal anhand eigener Feldforschung im Amazonas. Meist arbeitet die Gruppe um die Geschwister Abderhalden über Jahre an Werkzyklen, in denen ein Stoff verschiedene Aggregatszustände durchläuft. Mit einer Gruppe kontinuierlicher Wegbegleiter*innen haben sie eine singuläre Sprache entwickelt, die immer wieder berührende Bilder für die politische Härte Kolumbiens findet und sich durch eine überraschende Vielfalt an Formen auszeichnet.

Um diese einzigartige Bandbreite künstlerischen Ausdrucks zu vermitteln, haben wir zwei unterschiedliche Projekte an das diesjährige Festival eingeladen. «La Despedida» ist eine bildgewaltige Produktion für die Bühne, die mit ihrem poetisch-skurrilen Umgang mit Dokumentarmaterial aus einem Guerilla-Camp den Zyklus «Anatomía de la violencia» beschliesst. Das zweite Projekt arbeitet mit Material aus dem Zyklus «Los Incontados», der die Nähe von Fest und Gewalt in Kolumbien thematisiert. Mapa Teatro hat dazu eine neue Arbeit für den Zürichsee entwickelt, die mit einem gleichermassen phantastischen wie realen Schiff den Weg von der Pazifikküste Kolumbiens bis an einen Steg an der Saffainsel zurücklegt.

Laboratorio de Artistas | Foto: Mauricio Esguerra